Ich bin ein Ironman. Eigentlich könnte dieser Blog jetzt schon aufhören. Mit diesen vier Worten ist alles gesagt. Für diese vier Worte habe ich trainiert, gefiebert, gelitten. Und jetzt ist es geschafft.
Am vergangenen Mittwoch fuhren Joachim und ich nach Stühlingen-Lausheim in den Schwarzwald. Das ist nur ca. 70 km von Zürich entfernt aber auch 70 % günstiger. Wer die Schweizer Preise kennt, versteht uns. Dort hatten wir eine Bleibe im Gasthof Kranz. Bleibe ist etwas untertrieben. Es war eine wirklich sehr schöne Ferienwohnung. Wer also mal in der Nähe was sucht, absolut zu empfehlen. Donnerstag gab es dann eine lockere Radrunde und anschliessend die Besichtigung des Rheinfalls in Schaffhausen. Bekannt und berühmt, aber ich war tatsächlich noch nie da, also wie es sich für anständige Touristen gehört, mit dem Boot übergesetzt, das Museum besucht und entspannt.
Am Freitag ging es dann endlich nach Zürich um die Startunterlagen abzuholen. Die Vorbereitungen für das Wettkampfwochenende waren schon in vollem Gange und die Triathlonmesse war auch schon offen. Hier entschied Joachim, dass ich noch eine zweite Schwimmbrille kaufen solle. Nur für den Notfall. So eine Brille kann auch schon mal reissen. Ist mir noch nie passiert. Aber wenn der Coach das sagt, na gut. Brille gekauft. Um 13:00 Uhr fand die Wettkampfbesprechung statt. Auch eine Gelegenheit Claus mit Familie zu treffen. Claus macht jetzt schon seinen vierten Ironman und sagte gleich zu Anfang einen guten Spruch: „Ich habe einen großen Vorteil Dir gegenüber. Ich weiß was mich erwartet. Und ich habe einen großen Nachteil Dir gegenüber. Ich weiß was mich erwartet“.
Wir hielten uns nicht lange auf, checkten kurz die Location, wie man so schön sagt, und machten uns wieder auf den Weg nach Lausheim. Samstag morgen dann wieder nach Zürich. Für die Nacht von Samstag auf Sonntag hatten wir noch ein Zimmer im IBIS in Zürich gebucht, man gönnt sich ja sonst nichts. Joachim’s Wettkampf, er startet bei der neuen 5150 Serie (Olympische Distanz) war um 12:00 Uhr. Sein Rad musste aber bis 10:00 eingecheckt sein. Also waren wir früh am Wettkampfgelände und dann wurde ich des Feldes verwiesen. Bekam quasi die rote Karte. Aufenthaltsverbot für die Landiwiese. Da ich am Samstag erst um 18:30 Uhr mein Rad einchecken konnte, war Joachim das zu lange. Die Sonne schien, der Tag wird lang und ich laufe dann immer zwischen Radstrecke und Laufstrecke hin und her. Das gefiel ihm nicht. Also ab in’s Hotel. Füsse hoch, ein Schläfchen, Tour de France gucken, einfach nur klimatisiert relaxen. Wider Willen tat ich das dann auch, einem Trainer widerspricht man nicht, und konnte somit Joachim’s Rennen nicht Live verfolgen. Es lief super bei ihm und am Ende stand Rang 3 in seiner Altersklasse in der Ergebnisliste.
Wie abgesprochen kam ich dann abends zurück zur Landiwiese und mein Rad und ich trennten uns dort. Während ich zurück in’s Hotel fuhr, blieb mein Bike in der Wechselzone zurück. Immerhin schön eingepackt und nicht alleine. Ca. 2000 Räder hatten die Nacht für sich allein und auch Gesellschaft nötig. In der Nacht gab es nämlich nochmal richtig Regen mit Gewitter.
Sonntag morgen geht dann um 04:20 der Wecker. Nach meinem speziellen Wettkampffrühstück (Köllns Schmelzflocken mit Sojamilch und Honig) fahren wir zur Landiwiese. Dem Rad war nichts passiert und ich beginne meine Sachen zu ordnen. Am Freitag hatte ich bereits alles in verschiedene Beutel verpackt und somit war alles gut organisiert. Trotzdem noch tausend Mal geprüft. Habe ich alles? Liegen die Schuhe richtig? Was ist mit den Socken? Wo ist meine Schwimmbrille? Irgendwann signalisiert Joachim von der Seite, dass es langsam Zeit wird zum Schwimmstart zu gehen. Also los. Kurz vorher noch den Schwimmbeutel abgeben und dann stehe ich am Strand des Zürichsee. Gänsehaut. Angst? Nein. Nervosität? Ja. Wie oft vor Wettkämpfen denke ich: Was machst du hier? Bist du bescheuert? Oder größenwahnsinnig? Aber auch das geht wieder vorbei. Noch 15 Minuten bis zum Start. Am Strand stehen ca. 2000 Athleten. Wahnsinn. Ich ziehe meine Badekappe über und dann die Schwimmbrille. Peng!! Gerissen. Waaaas??? Das ist mir ja noch nie passiert. Kurze Panik. Noch 12 Minuten bis zum Start. Wo steht Joachim? Ah ja, linke Seite am Steg. Ich geh rüber und zeige ihm das Elend. Er lächelt und reicht mir die Reservebrille. Tja…
06:55 Uhr. Start der Profis. Nur noch 5 Minuten für uns. Dann die Durchsage 2 Minuten bis zum Start. Dann 1 Minute. Und „Peng“, los gehts. Schwimmen ist meine Angstdisziplin und ich kann wirklich immer noch nicht vernünftig kraulen. Aber meine letzten beiden Testwettkämpfe und einige Extraeinheiten im Vrijburgbad in Vlissingen zeigen Wirkung. Es macht sogar richtig Spaß. Ich fühle mich gut, das Geprügel hält sich in Grenzen und ich schwimme einfach. Meine Taktik heißt ja „step by step“ Und daran halte ich mich auch. Erstmal eine Runde schwimmen und dann nach einem kurzen Landgang einfach nochmal ne Runde schwimmen. Kein Problem. Und es ist tatsächlich kein Problem. Nach einer für mich fantastischen Schwimmzeit von 01:32 laufe ich bereits wieder in die Wechselzone.
Jetzt Ruhe bewahren. Auch das hatte ich mir vorher vorgenommen. Die Wechsel ruhig und locker gestalten. Keine Panik. In Ruhe umziehen und rauf aufs Rad. Die 180 km Rad machen mir am wenigsten Sorge. In 6 Stunden will ich zurück sein. In der ersten von zwei Runden lerne ich die Strecke kennen. Es geht zuerst 30 km flach am Zürichsee entlang. Dann kommt die erste Steigung, aber auch die ist gut zu bewältigen. Bei km 50 gehts dann wieder hoch, diesmal schon etwas knackiger, aber auch noch locker zu schaffen. Dann gehts irgendwann an einer Bahnlinie entlang nochmal hoch. Die Steigung habe ich etwas unterschätzt und fahre auf dem dicken Blatt hoch, aber sie will irgendwie nicht aufhören. Egal, drüber und fertig. Dann gehts wieder runter zum Zürichsee, an der Wechselzone vorbei und zum Heartbreak Hill. Das ist wirklich klasse. Ein Gefühl wir am Alpe d’Huez bei der Tour. Die Zuschauer stehen an der Steigung und lassen nur eine schmale Gasse für die Athleten. Geil!!! Aber insgesamt ist die Steigung doch eher kurz. Dann gehts in die zweite Runde. Ein Blick auf meinen Tacho sagt mir dass ich einen Schnitt von 30,5 km/h gefahren bin. Eigentlich genau wir geplant. Trotzdem habe ich etwas Angst. Bei KM 71 habe ich Claus überholt, der natürlich schneller geschwommen war. Bin ich zu schnell? Ich drossele das Tempo etwas und fahre vor allen Dingen in den Steigungen etwas langsamer. Nach 06:19 Std. rolle ich in die Wechselzone. Oh, so langsam wollte ich die zweite Runde dann doch nicht fahren. Egal. Es geht mir gut. Schwimmen erledigt. Radfahren erledigt. Jetzt laufen.
Joachim steht an der Wechselzone. Begrüßt mich, beruhigt mich, lobt mich. Alles gut, alles prima. Jetzt schön locker loslaufen und vor allen Dingen Augen offen halten. Ich denke hää? Augen offen halten? Was führt er da schon wieder im Schild? Aber was soll’s. Ich muss los. Umziehen und raus auf die Laufstrecke. Oh Mann, tut das weh. Irgendwie von Anfang an. An einer Hauswand sehe ich ein Poster. Irgendeine Triathlon-Veranstaltung oder sowas. Der Typ auf dem Poster sieht aus wie Dirk. Ich komme näher und sehe dass es tatsächlich Dirk ist. Und zum Bild der Spruch: „Wir sind stolz auf Dich. Du schaffst das“ Hey, wie geil ist das denn? Wahnsinn, ich lächele und laufe weiter durch eine Unterführung. Oben drüber sehe ich Fabiola, die „Hup,Hup“ ruft. Noch ein Bild. Ja gibts das denn. Und so geht es immer weiter. Ich kann nicht mehr und sehe wieder ein Bild, diesmal von Marion: „Günter, mit Dir haben wir es geschafft, jetzt schaffst Du es mit uns. Gib alles“ Und ich gebe alles. An manchen Bildern laufe ich in der ersten Runde vorbei. Tunnelblick. Joachim, der wie immer überall ist, gibt keine Ruhe. „Sie sind alle hier. Du musst sie nur finden“. Also weiter in die zweite Runde. Ach ja, und während der ganzen Zeit regnet es in Strömen. Nachdem ich vom Rad gestiegen war, gings los. Blitz, Donner und Regen. Aber was soll’s. Ich muss Bilder suchen. Da, wieder eins. Christine: „Was ich kann, kannst du doppelt. Venga,venga, venga!“ In der dritten Runde hört der Regen auf und die Sonne kommt durch. Ich laufe, obwohl ich lieber liegen würde, ich trinke, ich esse und ich suche Bilder. Und dann Laurenz: „Was machen Sie hier?“ Hammer, wieder ein echter Laurenz und ich denke, ja verdammt, was mache ich hier? Bin ich bescheuert? Und es gibt nur eine Antwort. Ja! Am nächsten Baum lacht mich Ilona an: „Ich bin bei Dir. Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt“. Und als dann am nächsten Gitter nochmal Fabiola auftaucht: „Ich laufe mit Dir“, da weiss ich: Hier kannst du heute nicht aufgeben. Keine Chance. Venga, venga, venga. Und wieder ein Bild. Ganz Zürich hängt voll. Thomas: „…mit Deinem Willen, Deiner Kraft, Deiner Energie, Deinem Körper und Deinem Kopf …schaffst Du es!“ Mann, der merkt sich aber auch alles. Jedes Bild hilft, jedes Bild gibt neue Kraft. Jetzt die Ahlborns. Mit „Irongünter, fit4iron, Günter get’s iron und Just do it“ schieben mich Annette, Klaus und Hendrik nochmal an. In der letzten Runde sehe ich Isa: „Umdrehen lohnt nicht. Ist weiter“ und Monika: „Los Günter. Du kriegst das hin!! Es ist nicht mehr weit. Lauf!“. Und recht haben sie. Weiter, immer weiter. Aber es tut weh. Ich sehe Leute mit Krämpfen, Leute die am Rand sitzen, die sich gegen Bänke lehnen, die humpeln. Und ich bin glücklich und dankbar, dass ich weiter kann. Die Oberschenkel sind kurzfristig anderer Meinung aber ich kann sie überzeugen. Stellt euch nicht so an, ich lauf auch etwas langsamer. O.K., so gehts, kein Problem. Jetzt gehts eigentlich nur noch um den Kopf. Der ganze Körper sagt schon seit 2 Stunden, dass es jetzt aber langsam mal genug wäre. Aber der Chef ist immer noch der Kopf und der sagt: Weiter!! Dann Susanne und Barbara am Strassenrand: „Bist Du der Prinz unserer Träume?“ Hey, das war der Spruch vom Bonn-Triathlon. Und dann nochmal Fabiola: „Lächeln und fröhlich sein“ Und ich lächele und bin fröhlich. Ich habe wirklich das Gefühl, dass alle an der Strecke stehen. Fabiola, die beste Ehefrau von allen, Dirk, Christine, Laurenz, Klaus, Annette, Hendrik, Isa, Susanne, Barbara, Marion, Ilona, Monika und Thomas. DANKE !!!!!
Und Joachim immer mitten drin. Mann, ohne Dich wäre ich nie hier. Da fehlen mir sowieso die Worte. Du weisst das!
Ich bin in der vierten Runde. Ich habe ein blaues Bändchen. Ich darf ins Ziel einlaufen. Und nach 12 Stunden 45 Minuten und 1 Sekunde mache ich das auch.
ICH BIN EIN IRONMAN!!!!
Unglaublich. Die Gefühle kann man kaum beschreiben. Na ja, eigentlich doch. Es ist fast wie nach jedem Wettkampf. Die meisten haben das schon mitgemacht. Es ist das was uns antreibt. Der Kick, das Erfolgserlebnis, die Freude über das Erreichte, die Erleichterung dass es vorbei ist und das Gefühl, dass man etwas ganz Besonderes geleistet hat. Im Moment des Finish unterscheidet es sich nicht vom Finish bei einer Volksdistanz oder Kurzdistanz. Die Wichtigkeit des Wettkampfs macht, glaube ich, den Unterschied. Die erste Volksdistanz, der erste Bonn-Triathlon, der erste Ironman. Das sind Momente, die man nicht vergisst.
Und dann, etwas später, denkt man auch nochmal über die Länge des Wettkampfs nach. 3,8 km schwimmen, 180 km radfahren und 42,2 km laufen. Das ist schon geil. Und dann lächelt man in sich hinein und ist verdammt stolz auf sich selbst.
Beste Günter,
Geat story! Good to do and definitly good that you wrote it down to inspirate more people, you’re definitely no Robot like we speak about the people that inspire people.
I would like to invite you to come over the Westeschelde once to join for a ride in Flanders if you like 😉
Kind regards, Arno
Lieber Günter
Du bist ein Ironman; das warst Du doch schon lange; aber jetzt bist Du halt ein wenig (?) geschwommen, Fahrrad gefahren und gelaufen und bist es nun offiziell. Ich stelle mir die Unendlichkeit vor und multipliziere sie mit der Ewigkeit; so lange würde ich für die Strecken brauchen.
Um es kurz zu machen: Du bist echt ein Knaller. Erhol Dich gut und dann geht es, wie Olli Kahn sagen würde, immer weiter, weiter, weiter.
Alles Gute und bis bald
Laurenz
Hallo Günter,
auch von mir meine herzlichen Glückwünsche. Klasse Leistung! Genieß es einfach!
pain passes – proud remains
Beste Grüße
Bernd
Mann, was bist du für ein geiler Typ!!!
Günther, meine herzlichsten Glückwüsche zu diesen beeindruckenden Erfolg! Ich freue mich total dass alles so gut geklappt hat! Und auch das Motto „immer gut aussehen!“ hast du ja ganz offensichtlich berücksichtigt! 🙂
Nur wenige können von sich behaupten ein Ironman zu sein, du kannst also mit Stolz diesen Titel tragen…!
Gute Erholung und bis bald
Markus
Hallo Iron, Held, mein lieber Günter,
Du hast es gschafft. Natürlich meine herzlichsten Glückwünsche und bleib gesund und fit. Und wie schon einmal gesagt wird es Zeit mal ein Büchlein zu schreiben „Wie ich zum Iron wurde oder die Erfüllung eines Traumes“ oder so ähnlich. Kein sportliches Ziel aber auch „Das“ könntest Du.
All the best
Sven
Super, auch von mir viele Glückwünsche zu dieser Leistung und vielen Dank für den schönen Report!
YOU ARE AN IRONMAN !!!!
Lieber Günter!
Ich sitze hier und lese deinen Bericht und die Kommentare. Ich habe eine Gämsehaut und mir laufen die Tränen. Mehr habe ich nicht zu sagen…. 🙂
Günter,
du hast es geschafft! Herzlichen Glückwunsch, genieß das Erreichte, erhol dich gut und dann such dir ein neues Ziel 😉
Liebe Grüße
Sabine
Hallo Günter
Du hast eine Superleistung vollbracht. Einen Ironman, und dann in dieser Zeit. WAHNSINN.
Die Strapazen des Wettkampfs werden vergehen, aber das Finish wird immer bleiben. Für immer bist du nun ein IRONMAN.
Was muss das für ein Gefühl sein.
Ich freue mich auf jeden Fall so für dich und wünsche dir das du dich schnell wieder erholst.
Du hast wieder einen schönen Blog verfasst. Da wird man direkt mit auf deinen Wettkampf genommen.
Bist ein Toller Mensch.
Und wie Joachim schon sagt, was dir keiner mehr nimmt:
YOU ARE AN IRONMAN
LG….Dirk
Ein langer und ganz ganz spezieller Tag. Man könnte auch sagen: ein Weltgüntertag – der 10. Juli 2011 IST DER Weltgüntertag
Ein Blog zum mit-fühlen… echt mitreißend…
GÜNTER = IRONMAN !!!
Wahnsinn. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Leistung.
Die Motivation auf der Strecke war ja wohl perfekt – danke für den mitreißenden Bericht.
Ein Trainer ist nur so gut, wie seine Mannschaft bzw. sein Athlet.
Und hier muss man vor der Leistung den Hut ziehen; denn wer weiß schon wie, wo und wann alles bei Null begann.
– wie Günter beschloss das Sportabzeichen zu machen
– wie er anfragte, bei einen Sprinttriathlon zu starten und natürlich
– wie er sich das Ziel steckte einen Ironmanwettkampf zu absolvieren.
– wer weiß, dass er täglich bis zu 20 Zigaretten rauchte??
Ich könnte jetzt viele Geschichten erzählen, niederschreiben, aber wie sagt man mir nach:
Ich bin nicht der Mann der vielen Worte, deswegen:
YOU ARE AN IRONMAN!!!
Genies dieses Gefühl, es ist einzigartig!!! Und zurücklehnen ist natürlich nicht angesagt. Es gibt noch genügend Ziele, Träume und Wünsche.
Aber zuerst sind jetzt andere dran 😉